Periphere Druckverteilung

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Periphere Druckverteilung und charakteristische Winkel

 

Die Energieabsorption wird durch Breite und Form des Druckdiagramms, also der peripheren Druckvertellung, bestimmt. Die Breite der Verteilung ergibt sich aus dem Kompressions- und dem Rückdehnwinkel. Ersterer hängt von der inneren und äußeren Reibung des Schüttgutes, vom Verhältnis der maximalen Aufgabekorngröße zum Walzendurchmesser und vom Walzenprofil ab, zweiterer vom elastischen Verformungsverhalten des Materials und von Umordnungsvorgängen in der Rückdehnungszone. Die Form der Druckverteilung wird vom Verformungswiderstand der Gutschüttung beeinflußt, der vom Material aber auch vom Körnungsaufbau sowie von der Feuchte und Beanspruchungsgeschwindigkeit abhängt. Im folgenden soll der Einfluß von Material, Geschwindigkeit und axialer Lage der Meßebene auf die Form des Druckdiagramms, die Lage des Druckmaximums und die Größe der charakteristischen Winkel diskutiert werden.

a) Material und Form des Druckdiagramms

Der Einfluß des Materials auf die Form des Druckdiagramms soll am Beispiel der nachstehenden Abbildungen diskutiert werden.

Quarz 1,0/2,0 mm und Kalkstein 1,2/1,8 mm, u = 0,3 m/s, l = 0

Quarz 4,0/6,0 mm und  Kalkstein 4,0/6,0 mm, u = 1,1 m/s, l = 0,19

Im den ersten beiden Bildern zeigen sich keine wesentlichen Unterschiede zwischen Quarz und Kalkstein. Dies gilt auch für die feinere Fraktion und die anderen Geschwindigkeiten. Bei der groben Fraktion resultiert für Quarz eine unregelmäßigere Kurve als bei Kalkstein. Der Grund für diese Unterschiede liegt darin, daß im ersten Falle das Material in Form eines Gutbettes eingezogen wird, bei der groben Quarzfraktion stellt sich hingegen Direktkontakt ein; die Spaltweiten sind mit 2,8 bis 3,7 mm deutlich kleiner als die Quarzpartikeln. Aus Untersuchungen im Preßtopf ist bekannt, daß bei einer Gutbettbeanspruchung die Kompressionskurve nicht von den typischen Unterschieden im Bruchverhalten von Quarz und Kalkstein beeinflußt wird. Bei Direktkontakt bewirkt das Zerspringen der Quarzpartikeln einen plötzlichen Druckabfall, wie dies z.B. in den Druckdiagrammen der Abb. 40 erkennbar ist. Die gemittelten Kurven verlaufen entsprechend unregelmäßig; erst bei einer Mittelung sehr vieler Einzelmessungen würden sich glatte Druckdiagramme ergeben, aus denen sich brauchbare Mittelwerte bestimmen ließen. 

Gemittelte Druckdiagramme Quarz 1,0/2,0 mm bei verschiedenen spez. Mahlkräften
Gemittelte Druckdiagramme Kalkstein 1,0/2,0 mm bei verschiedenen spez. Mahlkräften
Gemittelte Druckdiagramme Quarz 4,0/6,0 mm bei verschiedenen spez. Mahlkräften
Gemittelte Druckdiagramme Kalkstein 4,0/6,0 mm bei verschiedenen spez. Mahlkräften

 

b) Axiale Lage der Messebene

In den nächsten Abbildungen werden die Druckdiagramme der Randzone (l = 0.38) und der Mittelebene (l = 0) verglichen, und zwar wiederum für die 1,0/2,0 mm Quarz- und die 1,2/1,8 mm Kalksteinfraktion bei einer spezifischen Mahlkraft von 2,7 bzw. 2,9 N/mm2 und u = 0.3 m/s. Der Druckaufbau in der Randzone ist wesentlich geringer, d.h. es existiert ein axiales Druckgefälle; darüber wird ausführlich im Kapitel Axiale Druckverteilung berichtet. Der Kompressions- und Rückdehnwinkel ist in den Randzonen erstaunlicherweise nur geringfügig kleiner.

Gemittelte Druckdiagramme Quarz 1,0/2,0 mm in verschiedenen Messebenen
Gemittelte Druckdiagramme Kalkstein 1,2/1,8 mm in verschiedenen Messebenen

 

c) Lage des Druckmaximums

Vom Metallwalzen ist bekannt, dass das Druckmaximum vor der Wellenebene liegt. Deshalb wird dieses auch häufig für Brikettierwalzen und Gutbett-Walzenmühlen angenommen. Alle gemittelten Druckdiagramme der beiden feinen Fraktionen bei den Umfangsgeschwindigkeiten u = 0,3 und 1,1 m/s zeigen jedoch ein Druckmaximum zwischen a = 0° und a = 1°, siehe z. B. Abbildungen weiter oben. Daraus kann geschlossen werden, dass bei diesen Betriebsbedingungen, die durch Gutbetteinzug und eine Verdichtung auf dS < 0,9 charakterisiert wird, das Druckmaximum in der Wellenebene oder höchstens geringfügig darüber auftritt. Die Druckdiagramme der gröbsten Fraktion bleiben hier außer Betracht; sie zeigen unsystematische Verschiebungen des Maximums, die wahrscheinlich durch die statistische Unsicherheit bedingt sind.

Aus einigen zusätzlichen Versuchen mit der großen Geschwindigkeit von 3,2 m/s lässt sich die Tendenz zu einer Verschiebung des Maximums zu a = 2° erkennen, s. nachstehende Abbildung. Als eine mögliche Erklärung kann folgendes gelten: Bei größeren Geschwindigkeiten verarmt die Materialzufuhr in die Kompressionszone, gleichzeitig stellt sich ein örtlich inhomogener Materialfluss ein. Dies führt zu lokalen Überpressungen auf dS > 0,9. In diesen Partien muss wie beim Metallwalzen das Material kurz oberhalb der Wellenebene beginnen vorzueilen, wodurch sich das Druckmaximum nach oben verschiebt. Es bedarf allerdings noch systematischer Untersuchungen dieses Effektes.

Gemittelte Druckdiagramme Quarz 1,0/2,0 mm bei verschiedenen Geschwindigkeiten
Gemittelte Druckdiagramme Kalkstein 1,2/1,8 mm bei verschiedenen Geschwindigkeiten

 

d) Kompressions-, Kraftangriffs- und Rückdehnwinkel

Der Kompressionswinkel a0 und der Rückdehnwinkel g bestimmen die Breite der peripheren Druckverteilung; sie lassen sich trotz des geringen Anstiegs der Druckdiagramme am Beginn und am Ende der Kompression mit einer Genauigkeit von ± 0,5° aus den gemittelten Druckverteilungen ablesen. Die Einzelwerte der mittleren und feinen Fraktion liegen bei beiden Materialien mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % in einem Vertrauensbereich von ± . Dies gilt auch für den Kompressionswinkel der bei den 4,0/6,0 mm-Fraktionen, der entsprechende Rückdehnwinkel weist größere statistische Schwankungen auf.

Der Kraftangriffswinkel b ergibt sich aus der spezifischen Mahlkraft und dem spezifischen Drehmoment, s. Kapitel Charakteristische Größen:

b = Tsp / Fsp

Er kann mit einer wesentlich größeren Genauigkeit bestimmt werden als a0 und g, weil Tsp und Fsp über die gesamte Versuchsdauer aus ihren zeitlichen Verläufen gemittelt werden.

Die nachfolgenden Abbildungen zeigen  a0 , b und g in Abhängigkeit von der spezifischen Mahlkraft. Für die Kalksteinfraktionen 0,5/0,8 mm, 1,2/1,8 mm, 4,0/6,0 mm und die Quarzfraktion 1,0/2,0 mm sind bei u = 0,3 m/s die Werte aller drei Ebenen dargestellt, für die übrigen Quarzfraktionen und die Geschwindigkeit u = 1,1 m/s liegen nur Messwerte der Ebene a = 0,19 vor. Aus den Abbildungen ergeben sich die folgenden Befunde:

· Bereiche von Kompressions- und Rückdehnwinkel

Quarz, 0,3 m/s a0 = 7° - 13°  (0,13 - 0,22) - g = 3° - 8°  (0,05 - 0,14)
Quarz, 1,1 m/s a0 = 7° - 13°  (0,13 - 0,22) - g = 3° - 9°  (0,05 - 0,15)
Kalkst., 0,3 m/s a0 = 10° (0,18) - g = 3° - 5° (0,06 - 0,09)
Kalkst., 1,1 m/s a0 = 9° - 11°  (0,15 - 0,19) - g = 4° - 9°  (0,07 - 0,16)

· Bereiche des Kraftangriffswinkels

Quarz, 0,3 m/s b = 1,7° - 3,4°  (0,03 - 0,06)
Quarz, 1,1 m/s b = 1,7° - 3,4°  (0,03 - 0,06)
Kalkst., 0,3 m/s b = 2,9° (0,05)
Kalkst., 1,1 m/s b = 1,7° - 3,4°  (0,03 - 0,06)

 

· Die Partikelgröße hat einen gewissen Einfluss, dessen Ursache später diskutiert wird; zunächst sei festgestellt:

Für Kalkstein sind bei der langsamen Geschwindigkeit von 0,3 m/s alle drei Winkel unabhängig von der Partikelgröße, jedoch ergeben sich bei 1,1 m/s kleinere Kornpressions- und Rückdehnwinkel für die beiden feineren Fraktionen, der Kraftangriffswinkel bleibt nahezu unbeeinflusst.

Für Quarz sind Kompressions- und Rückdehnwinkel der groben Fraktion stets größer als jener der feinen; der Kraftangriffswinkel ist nur geringfügig von der Partikelgröße abhängig.

 

· Die Mahlkraft beeinflusst den Kompressionswinkel nicht, hingegen nimmt der Rückdehnwinkel mit wachsender Mahlkraft zu und der Kraftangriffswinkel ab.

 

Kompressionswinkel,  Kraftangriffswinkel und Rückdehnwinkel für Quarz, u = 0,3 m/s
Kompressionswinkel,  Kraftangriffswinkel und Rückdehnwinkel für Quarz, u = 1,1 m/s
Kompressionswinkel,  Kraftangriffswinkel und Rückdehnwinkel für Kalkstein, u = 0,3 m/s
Kompressionswinkel,  Kraftangriffswinkel und Rückdehnwinkel für Kalkstein, u = 1,1 m/s

 

Kompressionswinkel

Eine widerspruchsfreie Erklärung der Befunde zum Kompressionswinkel muss von den beiden Grenzfällen "Gutbett" und "Direktkontakt" für den Materialeinzug ausgehen und ferner berücksichtigen, dass der dynamische Kompressionswinkel kleiner als der statische wird, weil sich mit zunehmender Umfangsgeschwindigkeit die Materialzufuhr in die Kompressionszone reduziert, siehe Kapitel Durchsatzcharakteristik.

Als Grenze für den Gutbetteinzug bzw. für den Direktkontakt kann (s/xm) > 2 bzw. (s/xm) < 0.5 angenommen werden. Dazwischen liegt ein Übergangsbereich. In der nachstehenden Tabelle sind die Verhältnisse mit dem Mittelwert der Spaltweite gebildet worden.

Bei Gutbetteinzug bestimmen nur die innere und die äußere Reibung den statischen Kompressionswinkel. Solange die Materialzufuhr und der Reibungswinkel unabhängig von der Partikelgröße sind, ändert sich a0 nicht. Die in der Tabelle Reibungswinkel (Kapitel Ergebnisse Durchsatzversuche) zusammengestellten Ergebnisse der schüttgutmechanischen Untersuchungen zeigen, dass dies für die Reibungswinkel im untersuchten Bereich gilt.

Für Kalkstein und bei u = 0,3 m/s zeigt sich kein Einfluss der Partikelgröße. Dies steht im Einklang mit der Feststellung, dass das Material als Gutbett bzw. annähernd als Gutbett eingezogen wird. Eine Reduzierung der Materialzufuhr ist bei dieser kleinen Geschwindigkeit nicht zu erwarten, so stellt sich der statische Kompressionswinkel ein, der entsprechend der Tabelle Reibungswinkel nicht von der Partikelgröße abhängt.

 

Tabelle: Spaltweiten der Druckversuche, Fsp = 1 bis 5 N/mm2, GB = Gutbettsituation, Ü = Übergang zum Direktkontakt

Material Quarz: 0,5/1,0 1,0/2,0 4,0/6,0 mm
Material Kalkst.: 0,5/0,8 1,2/1,8 4,0/6,0 mm
Quarz, u = 0,3 m/s 1,6 - 2,1 2,3 - 3,3 3,1 - 4,0 mm
GB Ü Ü
Quarz, u = 1,1 m/s 1,5 - 2,2 2,1 - 2,8 2,8 - 3,7 mm
GB Ü Ü
Kalkstein, u = 0,3 m/s 3,0 - 3,8 3,1 - 3,9 4,1 - 5,3 mm
GB GB Ü
Kalkstein, u = 1,1 m/s 2,4 - 3,2 3,0 - 3,8 3,7 - 4,0 mm
GB GB Ü

Die feinste Quarzfraktion 0,5/1,0 mm wird ebenfalls als Gutbett eingezogen. Der Kompressionswinkel a0 ist jedoch kleiner als bei Kalkstein. Dies lässt sich mit dem schon im Kapitel Durchsatzcharakteristik besprochenen und nachgewiesenen Effekt der bepelzten Walzen bei Kalkstein erklären. Der Einzug von Quarz wird deshalb von der äußeren Reibung bestimmt und nicht von der inneren wie bei Kalkstein, welche nach der Tabelle Reibungswinkel immer größer ist als die äußere Reibung.

Der deutlich größere Kompressionswinkel für die gröbste Quarzfraktion 4,0/6.0 mm resultiert aus dem Übergang vom Gutbett zum Direktkontakt. Die Walzengeschwindigkeit hat beim Direktkontakt nur dann einen indirekten Einfluss auf den Kompressionswinkel, wenn sich die Spaltweite spürbar verringert. Beim groben Quarz ist dies nicht der Fall; a0 bleibt konstant.

Die Abnahme des Kompressionswinkels der feinen Fraktionen mit wachsender Geschwindigkeit erklärt sich aus der Reduzierung des Materialflusses; dieser Effekt ist bei beiden Materialien mehr oder weniger ausgeprägt erkennbar.

 

Rückdehnwinkel

Mit dem Rückdehnwinkel g und der relativen Spaltweite s folgt aus einfachen geometrischen Überlegungen die Rückdehnung e.

e = (d - s) / d                                                                                 d = Schülpendicke

d = s + D (1 - cos g) » s [1 + (g2 D / 2s)]

e = g2 / (2s + g2)                                                                           (13)

Mit den Eckwerten der g -Kurven in den Abb. 49 bis 52 und den korrespondierenden Spaltweiten aus der oben aufgeführten Tabelle (hierbei gehört der jeweils kleinste Spalt zur höchsten Mahlkraft und umgekehrt) ergeben sich für Quarz Rückdehnungen von e = 15 bis 45 % und für Kalkstein von e = 9 bis 41 %. Diese große Rückdehnung übertrifft bei weitem die elastische Entspannung und lässt sich nur durch Umordnungsvorgänge erklären [20].

Wie bereits besprochen, schwanken die g-Werte erheblich. Mit der daraus folgenden Standardabweichung kann auch die Standardabweichung der Rückdehnung berechnet werden; sie beträgt für die feine und mittlere Fraktion drei bis neun Prozentpunkte und für die gröbste Fraktion sechzehn dis neunzehn Prozentpunkte. Es läßt sich somit kein signifikanter Einfluss der Partikelgröße oder des Materials feststellen. Die Mittelwerte deuten jedoch darauf hin, daß die Rückdehnung von Quarz etwas größer als jene von Kalkstein ist. In Pressversuchen wurde ein systematischer Unterschied dieser Art nachgewiesen [20].

Die Rückdehnung steigt erwartungsgemäß mit zunehmender Mahlkraft, also größeren Spannungen im belasteten Gutbett an.

 

Kraftangriffswinkel

Der Kraftangriffswinkel ist von Material und Umfangsgeschwindigkeit nahezu unabhängig. Lediglich beim Übergang zum Direktkontakt ergeben sich etwas größere b-Werte.

Mit steigender Mahlkraft nimmt der Kraftangriffswinkel etwas ab, weil sich das Druckmaximum erhöht und bei konstantem a0 der Anstieg des Druckdiagramms zum engsten Spalt hin dementsprechend steiler wird, s. Abbildung weiter oben. Im Mittel beträgt das Verhältnis von Kraftangriffs- und Kompressionswinkel etwa 1/4.